Entstehung des Augustinerordens

Der hl. Augustinus (354-430) von Hippo Regius in Nordafrika gründete Klöster und gab den Mönchen eine Regel - die älteste der Westkirche. Im Jahre 430 verstarb Augustinus, in der unruhigen Zeit des Vandaleneinfalls in seiner Heimat. Das augustinische Mönchtum verbreitete sich rasch in ganz Europa. In den Jahrhunderten danach bildeten sich einzelne Orden und Eremitenverbände, die das augustinische Erbe weiterführten (Wilhelmiten, Johannboniten, Brittanianer und Sackbrüder). Zur Zeit der großen Ordensgründungen im Mittelalter des 12. und 13. Jhdt.s (Franziskaner, Karmeliter und Dominikaner) wurden nun alle kleineren Gemeinschaften, die nach der Ordensregel des hl. Augustinus lebten, unter Papst Innozenz IV. im März 1244 zusammengefasst und mündlich bestätigt. Am 9. April 1256 wurde der Orden mit der Bulle "Licet Ecclesiae" von Papst Alexander IV. offiziell bestätigt. Da bei der Gründung des Ordens auch Eremitenverbände mit aufgenommen wurden, nannte man den Orden "Augustiner-Eremiten". Im Jahre 1963 wurde der Begriff "Eremiten" von Papst Johannes XXIII. gestrichen, weil er kein Wesensmerkmal des Ordens darstellt. Papst Alexander IV. gab dem so neu gegründeten, und auf Augustinus zurückgehenden Orden, verbindlich die Ordensregel dieses Heiligen. Als Ordenskleid bekamen die Mönche den schwarzen Habit, einen Ledergürtel und eine schwarze Kapuze.
Nach dem Willen des Papstes sollten "die Brüder in die Städte ziehen, sich dort niederlassen und im Volk Gottes Früchte zeitigen durch das beredte Wort heiliger Weisheit und das Beispiel frommen Zusammenlebens".

Den Auftrag der Verkündigung des Gotteswortes durch Predigt und Schriftauslegung, die würdige Gestaltung des Gottesdienstes, die Seelsorge in den Städten, die Pflege von Wissenschaft und Kunst, insbesondere das Studium der Hl. Schrift und das umfangreiche Werk des hl. Augustinus zum Wohl und Nutzen der Menschen und der Kirche, hat der Augustinerorden in seiner 750jährigen Geschichte immer erfüllt.

 

 

 

Name, Ordensgewand und Ursprung

Der offizielle Titel lautet: Ordo Fratrum Sancti Augustini, (OSA). Der bis 1968 im Titel enthaltene Ausdruck "Eremitarum" (OESA) wurde getilgt, weil er kein Wesensmerkmal des Ordens zum Ausdruck bringt, sondern nur an seine Entstehung aus der Eremitenbewegung des Hochmittelalters erinnert. Die Ordenstracht von schwarzer, in tropischen Ländern auch weißer Farbe besteht in einem langen Gewand, das bis zu den Füßen reicht und durch einen schwarzen Ledergürtel zusammen gehalten wird, sowie in einem Überwurf mit Kapuze, der rückwärts spitz zuläuft.

Der Orden entstand aus dem Zusammenschluss einer Anzahl italienischer Eremitenverbände des 12. und 13. Jahrhunderts auf der Grundlage der Augustinusregel; dieser vollzog sich zuerst in der Toskana. Der Wunsch, die Augustinusregel als Lebensnorm und die rechtliche Struktur eines Ordens zu empfangen, scheint von den toskanischen Eremitengruppen selbst ausgegangen zu sein und wurde von Papst Innozenz IV., unter Mitwirkung des Kardinals Richard Annibaldi, auf einem Gründungskapitel zu Rom im März 1244 verwirklicht. Durch die so genannte "Magna Unio" (große Vereinigung) unter Papst Alexander IV., mit der Bulle "Licet Ecclesiae" vom 9. April 1256, wurden dem Ordo Eremitarum S. Augustini, wie er zuerst in einem päpstlichen Schreiben vom 31. Juli 1255 heißt, weitere Eremitengemeinschaften angeschlossen. Dazu zählten die Wilhelmiten (hervorgegangen aus einer Gemeinschaft, die sich am Grab Wilhelms von Malavalle +1157 nach dessen Tod gebildet hatte), die Johannboniten (gegründet von Johannes Bonus +1249), die Eremiten von Montefavale und die von Brettino. Als Generaloberen wählte man Lanfranc von Mailand, den bisherigen Oberen der Johannboniten. Von den Wilhelmiten und der kleinen Gemeinschaft von Montefavale abgesehen, hatte der Zusammenschluss Bestand, so dass sich der neue Orden in wenigen Jahrzehnten über viele Länder Europas ausbreiten konnte. Dabei war es von nicht geringer Bedeutung, dass ihm schon 1244 durch Innozenz IV. und in erweiterter Form 1289 durch Nikolaus IV. das Privileg der Exemption von der Jurisdiktion der Bischöfe gewährt wurde.

 

 

Ausbreitung und Wirksamkeit im Mittelalter

Schon bei der Union 1256 konnte man außer wenigstens fünf Provinzen in Italien je eine für Deutschland, England, Frankreich und Spanien gründen. In diesen Ländern waren die toskanischen Eremiten bereits verbreitet. Auch die Wilhelmiten besaßen nördlich der Alpen schon eine ganze Reihe Niederlassungen, von denen immerhin etwa zehn in Süddeutschland, Böhmen, Österreich und Ungarn für immer dem Orden eingegliedert werden konnten. Durch viele Neugründungen ging die weitere Ausbreitung so rasch voran, dass der Orden 1295 bereits 16 und 1329 sogar 24 Provinzen umschloss - eine Zahl, die durch das ganze Mittelalter hindurch ziemlich konstant blieb. Der Orden erstreckte sich von Irland und England bis nach Polen und Ungarn, von Spanien und Portugal bis nach Kreta, Rhodos und Zypern.

Die deutsche Provinz, die am Ende des 13. Jahrhunderts schon gegen 80 Konvente zählte, wurde 1299 in vier Provinzen aufgeteilt: die bayerische, die sich über Böhmen, Mähren, Österreich, Schlesien und Polen erstreckte, die kölnische mit Einschluss des heutigen Belgien und Holland, die rheinisch-schwäbische, zu der auch das Elsass und die Schweiz gehörten, und die sächsisch-thüringische, die sich von der Nord- und Ostsee bis zum Main und von der Oder bis zur Weser erstreckte.

Die Neugründungen lagen nicht mehr wie zuvor in der Einsamkeit der Wälder, sondern mitten in den Städten, weil Papst Alexander IV. dem Orden die Mitarbeit in der Seelsorge aufgetragen hatte. Auch die Augustiner haben ihren Teil dazu beigetragen, die Stadtseelsorge, die im 12. Jahrhundert darnieder lag, zu intensivieren, vor allem durch die regelmäßige Predigt und dem Seelsorgsdienst. Nicht zuletzt die große Zahl an Weihbischöfen - in Deutschland und in Österreich allein gegen die 50, die während des Mittelalters aus dem Orden hervorgingen, beweist, dass seine Mitglieder als Seelsorger Gutes leisteten.

Vorbedingung für eine fruchtbare apostolische Tätigkeit des Ordens war eine fundierte religiös-theologische Ausbildung der Mitglieder. Die Konstitutionen des Ordens von 1290 machten es deshalb schon dem Novizen zur Pflicht, die Heilige Schrift begierig zu lesen, ehrfürchtig zu hören und mit ganzem Eifer in sich aufzunehmen. Im Studium der Theologie sahen sie die Grundlage des Ordens und die vornehmste Aufgabe der Brüder. Wesentlich mitbestimmt wurde diese Auffassung durch das Vorbild des hl. Augustinus.

Mittelpunkt des wissenschaftlichen Strebens im Orden war das 1259 gegründete Pariser Kloster mit seinem nachmals der Universität inkorporierten Studienhaus. Schon 1278 besaß der Orden so viele geschulte Kräfte, dass er eine Reihe eigener internationaler theologischer Lehranstalten, die sogenannten "studia generalia", eröffnen konnte. In den deutschen Provinzen wurden solche Generalstudien frühzeitig in Erfurt, Köln, Magdeburg, Prag, Strassburg und Wien gegründet, von denen vor allem Erfurt und Strassburg durch die überragenden Theologen Heinrich von Friemar d. Ält. und Thomas von Strassburg (+1357 in Wien und in der Wiener Augustinerkirche beigesetzt) über den Orden hinaus Ansehen erlangten. Die begabtesten Brüder wurden nach Abschluss ihrer Studien im Orden an die Universitäten von Paris, Oxford und Cambridge gesandt, um sich dort den Grad des theologischen Doktorats zu erwerben. Damit verfügte der Orden stets über gut gebildete Theologen und konnte an vielen der im Spätmittelalter neu eröffneten Universitäten theologische Lehrstühle übernehmen.

Dass sich der Orden erstaunlich schnell einen angesehenen Platz in der Philosophie und Theologie seiner Zeit eroberte, ist vor allem Aegidius von Rom, dem ersten Augustinermagister an der Pariser Universität, zu danken. Wegen der Klarheit seiner Lehre gewann er in und außerhalb des Ordens hohes Ansehen und wurde zum Haupt der Augustinerschule (Theologenschule des Augustinerordens), die zahlreiche selbstständige Denker vom 13. bis zum 18. Jahrhundert umfasst. Zu den bedeutenderen Theologen des Mittelalters zählen Jakobus von Viterbo (+1307/08), Thomas von Strassburg, Gregor von Rimini, Hugolin von Orvieto (+1373) und Augustinus Favaroni. Trotz mancher Lehrunterschiede in Einzelpunkten lassen sie eine einheitliche augustinische Lehrrichtung klar erkennen. Im Sinne des augustinischen Primats der Liebe bezeichnen sie die caritas als oberstes Ziel des theologischen Forschens und dem entsprechend die Theologie als "affektive" Wissenschaft, die den Menschen der göttlichen Wahrheit in Liebe anhangen lässt.

Nachdrücklich wird auch der Primat der Gnade gelehrt. Die göttliche Erwählung geschieht ohne Ansehung menschlicher Werke. Die erste Rechtfertigung ist völlig ungeschuldet, und alle Verdienste des Gerechtfertigten sind - im Sinne Augustins -nur Gottes Geschenke. Für jedes wahrhaft gute Werk halten die Augustinertheologen die Mitwirkung der helfenden Gnade für notwendig. Überdies zeigen sie die konkrete Denkweise Augustins, die den Menschen und sein Handeln heilsgeschichtlich von seinem gottgewollten Ziel aus betrachtet.

Die erste Hälft des 14. Jahrhunderts bedeutete für den Orden nicht nur äußerlich eine Zeit der Blüte. Vom Geist christlicher Tugend und Frömmigkeit, der in ihm herrschte, zeugen Persönlichkeiten wie Nikolaus von Tolentino (+1305), der mystische Beschaulichkeit mit apostolischem Eifer verband, Simon von Cascia, ein hervorragender Führer im geistlichen Leben, dessen Christus-Buch "De gestis domini salvatoris" bis tief in die Neuzeit hinein nachwirkte, und Heinrich von Friemar d. Ält., welcher zu den Vertretern der deutschen Mystik und den einflussreichsten geistlichen Schriftstellern des deutschen Spätmittelalters zählt. Nicht weniger stark hat Jordan von Sachsen mit seinen "Betrachtungen über das Leiden Christi" auf die Frömmigkeit seiner Zeit gewirkt.

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts trat bei den Augustinern ein Erschlaffen der Ordenszucht ein. Es zeigte sich in der mangelhaften Durchführung der persönlichen Armut und der Gütergemeinschaft und im Überhandnehmen der Dispense vom Chorgebet und gemeinsamen Tisch. Dieses Erschlaffen war mitbedingt durch die ungeheuren Verluste in den Pestjahren 1348-51, in denen über 5000 Augustiner durch die Seuche umgekommen sein sollen, und durch die lang dauernde Spaltung von Kirche und Orden während des Schismas (1378-1414). Begünstigt durch die Ordensleitung entstand als Reaktion eine umfassende Erneuerungsbewegung, die von Italien ausging und immer weitere Provinzen erfasste. Sie führte zur Bildung von observanten Gruppen im Orden, die die Regel, vor allem ihre Weisungen über die brüderliche Güter- und Lebensgemeinschaft, treuer zu verwirklichen trachteten.

Die älteste dieser Reformkongregationen wurde 1387 in Lecceto bei Siena gegründet. Diese Bewegung wuchs rasch heran, hatte Klöster in ganz Europa. Dem Ruf nach Reform der Kirche standen die Augustiner nicht weniger aufgeschlossen gegenüber. Ihr Beitrag zu den Reformkonzilien von Konstanz und Basel ist nicht zu unterschätzen. Die Konstanzer Konzilspredigten des Erfurter Professors Johannes Zachariae (+1428), des Wiener Theologen Berthold von Regensburg (+1437) und anderer sind erfüllt vom Geist der Kirchenreform und vom Verlangen nach Wiederherstellung der kirchlichen Einheit.

Auch zu den Unionsverhandlungen mit den Griechen hat der Orden seinen Beitrag geleistet. Albert de Crispis von Pavia reiste 1433 als Legat des Baseler Konzils nach Konstantinopel und kehrte mit einer Gesandtschaft der Griechen zurück. Fünf Jahre später nahm der Portugiese Johannes a S. Thoma auf dem Konzil von Florenz als einer der sechs lateinischen Oratoren an den theologischen Diskussionen mit den Griechen teil. Rufer nach Reform der Kirche am Ausgang des Mittelalters waren Johannes von Dorsten auf der Erfurter Domkanzel und der Ordensgeneral und spätere Kardinal Egidio da Viterbo in seiner Predigt auf dem 5. Laterankonzil.

 

 

Die Krise des 16. Jahrhunderts

Im Erfurter Kloster der Augustiner-Eremiten, in das Martin Luther am 17. Juli 1505 eintrat, herrschte damals ein regeltreues Ordensleben und ein guter religiöser Geist. Er selbst verwaltete das Amt des Distriktsvikars für Thüringen und Meißen. Als Luther 1517 seine Thesen publizierte und im Jahr darauf jeden Widerruf ablehnte, war die Reaktion im Orden geteilt. Sein Oberer Johannes von Staupitz, der anfangs in Luthers Lehre nur den berechtigten Kampf gegen kirchliche Missstände sah, bemühte sich vor allem, ihm zum Einlenken zu bewegen. Doch viele der jüngeren Generation, zumal seine Wittenberger Schüler, ergriffen ganz für ihn Partei und wurden in ihren Klöstern Herolde seiner Lehre. Staupitz legte zermürbt sein Amt als Generalvikar nieder, sein Nachfolger, Wenzeslaus Link, ein Freund Luthers und seiner Lehre, konnte nicht verhindern, dass nach Erscheinen von Luthers Schrift gegen die Mönchsgelübde im Winter 1521/22 eine größere Zahl von Augustinern den Orden verließ. Insgesamt sind in jenen Jahren von den 160 Augustinerklöstern der deutschen Provinzen 69 verloren gegangen. Mancherorts wurden die Mönche auch vertrieben wie 1524 in Zürich und 1561 in Erfurt. Es gab auch Fälle, wo man das Kloster freiwillig räumte, weil sich in der veränderten Situation für die Brüder keine Wirk- und Lebensmöglichkeit mehr bot. Auch die außerdeutschen Provinzen blieben von der Krise nicht völlig verschont. Besonders hart wurde die Situation für die ungarische Ordensprovinz mit ihren mehr als 25 Konventen. Zu der Bedrohung durch das Vordringen der Reformation kam 1526 die Eroberung weiter Landesteile durch die Osmanen und im gleichen Jahr eine zwiespältige Königswahl mit jahrzehntelangen Auseinandersetzungen. So ging im Lauf der folgenden Jahrzehnte die gesamte Provinz zugrunde. Im heutigen Österreich verließen auch viele Mitglieder des Ordens ihre Klöster, konnten aber die schwierige Zeit überdauern, bis in der Gegenreformation wieder ein Aufschwung kam.

In der englischen Ordensprovinz fand Luthers Lehre gleichfalls Anhänger. Das eigentliche Verhängnis kam über die englische Kirche und den Orden, als das Parlament 1534 Heinrich VIII. zum Oberhaupt der Kirche von England erklärte. Sämtliche Klöster wurden aufgehoben, das Vermögen beschlagnahmt und die Brüder mittellos auf die Straße gesetzt. Zu den englischen Märtyrern jener Zeit, die wegen Verweigerung des Suprematseides zum Tod verurteilt wurden, gehört auch Johannes Stone (+1539) aus dem Augustinerkloster von Canterbury. Auch die mehr als 20 Klöster in Irland blieben nicht verschont; doch wurden viele erst 1610 vom Staat kassiert. Nur der Konvent von Dunmore konnte überleben und wurde zum Ausgangspunkt der neuen irischen Provinz und ihrer heutigen Provinz in England.

 

 

Restauration und neue Arbeitsgebiete

Dass der Orden diese wohl schwerste Krise seiner Geschichte relativ schnell überwunden hat, ist nicht zuletzt seinem Ordensgeneral Hieronymus Seripando zu danken. Auf einer großen Visitationsreise durch Italien, Frankreich, Spanien und Portugal (1539-42) gelang es ihm, die reformeifrigen Kräfte im Orden zu mobilisieren. Auch verstand er es, sowohl als Ordensoberer als auch als Konzilstheologe des Tridentinums den Ideen Luthers, deren religiöse und theologische Problematik er durchaus zu würdigen wusste, eine biblisch-augustinisch geprägte Frömmigkeit und Rechtfertigungslehre entgegen zu setzen.

In Spanien entstand auch eine neue Reformbewegung des Ordens, die nach einem Leben in größerer Strenge und Sammlung verlangte. Einige 1589 begründete Rekollektionshäuser wurden 1602 als eigene Provinz zusammen gefasst und bereits 1621 als Kongregation der Rekollekten oder Diskalzeaten Spaniens mit vier Provinzen unter einem Generalvikar unmittelbar dem Ordensgeneral unterstellt. Seit 1912 bilden sie einen selbstständigen Orden. Von Anfang an entfalteten auch sie eine segensreiche Tätigkeit als Missionare in Südamerika und auf den Philippinen. Eine strengere Lebensweise ähnlicher Art erstrebte die 1593 errichtete Kongregation der italienischen Augustiner-Barfüßer, die auch zahlreiche Konvente in Österreich, Böhmen und Süddeutschland gründeten. Zu ihnen gehörte der große Wiener Volksprediger Abraham a S. Clara (+1709). Seit 1931 bilden auch sie eine selbstständige Ordensgemeinschaft. Die unabhängig davon entstandenen französischen Augustiner-Barfüßer traten als eigene Kongregation ins Leben. Sie umschlossen drei Provinzen, die in der französischen Revolution ihr Ende fanden.

Seine größte Ausdehnung erreichte der Orden um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Damals zählte er 43 Provinzen und 13 Kongregationen. Die Zahl der Mitbrüder dürfte etwa 20.000 erreicht haben, die in rund 1500 Klöstern lebten. Dazu kamen noch etwa 200 Nonnenklöster, die als II. Orden zum Orden gehörten. Sie unterstanden der obersten Leitung durch den Ordensgeneral und die Provinziale, welche die kanonischen Visitationen bei ihnen hielten und für ihre seelsorgerische Betreuung durch geeignete Priester des Ordens Sorge trugen. Heute gehören noch gegen 100 solcher Nonnenklöster zum Orden, deren größter Teil sich in Italien und Spanien befindet.

In Österreich bildeten sich ab dem 17. Jahrhundert drei Provinzen heraus, die insgesamt etwa 20 Klöster hatten. Das Wiener Kloster auf der Landstraße (Wien III) war als Generalkonvent dem Ordensgeneral in Rom direkt unterstellt, obwohl der Provinzial der Wiener Provinz dort residierte. So hatte er kaum Einfluss auf diesen Konvent. Als Studienhaus beherbergte es die Professoren der Provinz, die auch 150 Jahre hindurch den Lehrstuhl für Moraltheologie an der Universität Wien zu betreiben hatten.

Der Orden hat in dieser Zeit auf theologischem Gebiet vieles geleistet. Zu den bedeutendsten Vertretern der Augustinerschule zählen Hieronymus Seripando, Heinrich Noris (+1704) und Laurentius Berti (+1766). Während Seripando in Trient als Konzilstheologe (1545-48) und päpstlicher Konzilslegat (1561-63) einen bedeutenden Beitrag zum Gelingen des kirchlichen Reformwerks leistete, haben die beiden anderen gegenüber den Verzeichnungen durch Michael Bajus und Jansenismus eine genuine Deutung der augustinischen Gnadenlehre zu geben versucht. Auch in diesem Zeitraum wirkten viele Augustiner an Universitäten als theologische Lehrer.

 

 

Rückschläge durch Josephinismus und Säkularisation

Schwerste Verluste brachten dem Orden die Zeit der Aufklärung, des Josephinismus und der französischen Revolution. Schon 1767/69 erfolgten erste Klosteraufhebungen in Norditalien. Daran schlossen sich seit 1781 die josephinischen Reformen in Österreich an. Nach und nach fielen die meisten Augustinerklöster in den habsburgischen Ländern der Aufhebung zum Opfer. Nur eine Anzahl von Konventen in Böhmen und Mähren blieben erhalten und konnten noch 150 Jahre bis zur Unterdrückung durch die Kommunisten 1950 fortbestehen. Die sudetendeutschen Augustiner wurden vertrieben und gründeten einen neuen Ordensverband (Vikariat Wien).

Im Zuge der französischen Revolution gingen alle Augustinerkonvente in Frankreich verloren, sowie die Häuser in Belgien, Klöster in Deutschland und in Italien. Nur wenige Jahre später vernichtete die Säkularisation in Deutschland (seit 1802) die drei blühenden Ordensprovinzen bis auf einen winzigen Rest. Auch die Klosteraufhebungen in Portugal (1834) und Spanien (1835) überlebte nur das Kloster von Valladolid, das man als Ausbildungsstätte für Missionare bestehen ließ. Von den Klöstern der polnischen Provinz, die schon unter dem Josephinismus Häuser verloren hatte, blieb nach den Klosteraufhebungen des Jahres 1864 durch Zar Alexander II. nur noch der Krakauer Konvent übrig. Schließlich wurden auch in Italien, vor allem 1873, viele Klöster aufgehoben. Infolge dieser Ereignisse schrumpfte die Zahl der Konvente des Ordens auf etwa 250 mit rund 1900 Mitgliedern zusammen.

Nur sehr langsam konnte sich der Orden von diesen schweren Schlägen erholen. Aus dem einzigen in Deutschland verbliebenen Kloster in Münnerstadt ging eine neue starke Ordensprovinz hervor. Zur selben Zeit konnten die Niederlande und Belgien neue Ordensprovinzen gründen. Einen großen Wiederaufstieg erlebte der Orden seit Ende des 19. Jahrhunderts in Spanien.

 

 

Heutiger Stand des Ordens

Der Orden der Augustiner umfasst weltweit gegenwärtig 50 Zirkumskriptionen (Provinzen, Vikariate, Delegaturen, 1 Abtei) mit rund 2600 Mitgliedern, die in Europa, Afrika, Nord- und Lateinamerika, Asien und Ozeanien tätig sind. Seine Hauptarbeitsgebiete sieht er in den Aufgaben der außerordentlichen und ordentlichen Seelsorge, in der Erziehung und im Unterricht, in der Missionstätigkeit und in der Pflege der Wissenschaft, zumal der Theologie. Zentren wissenschaftlicher Arbeit sind: das 1969 eröffnete "Institutum Patristicum Augustinianum" in Rom, zur Ausbildung von Patristikern und zur Förderung der patristischen Studien mit den Zeitschriften Analecta Augustiniana (seit 1905/06) und Augustinianum (seit 1961); die Universität der amerikanischen Augustiner Villanova (bei Philadelphia) mit der Zeitschrift "Augustinian Studies" (seit 1970); das "Institutum Historicum Augustinianum" in Löwen mit der Zeitschrift "Augustiniana" in Eindhoven (Niederlande); das "Ostkirchliche Institut" (Teil der Universität Würzburg) und das "Augustinus-Institut" der deutschen Augustiner in Würzburg.

Unsere heutige österreichisch-süddeutsche Zirkumskription, das Augustiner-Vikariat Wien, hat seinen Sitz in Wien und umfasst die Klöster St. Augustin in Wien (1327/1951) und Maria Trost in Zwiesel/Bay. Wald (1962). Infolge der Heimatvertreibung der sudetendeutschen Augustiner entstand nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst ein eigener, von der Deutschen Augustiner-Provinz abhängiger, Ordensverband, der sich im Lauf der Geschichte zum gegenwärtigen "Augustiner-Vikariat Wien Maria Trost" unter der direkten Jurisdiktion des Generalpriors in Rom entwickelt hat. Unserem Vikariat gehören acht Mitbrüder an.

Die Aufgabengebiete der Mitbrüder unseres Augustiner-Vikariates Wien umfassen im Wiener Kloster Pfarr-, Schul- und Lehrlingsseelsorge, den Schulunterricht, das Studium und die Ausbildung des Ordensnachwuchses, im Zwieseler Konvent im Bayerischen Wald die Leitung eines Gästehauses.

 

 

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